Pressestimmen
Solch einen "Woyzeck" habe ich noch nie gesehen! Die Inszenierung
von Susanne Truckenbrodt formt aus der Handlung eine ununterbrochene Bilderfolge,
die die Zuschauer eineinhalb Stunden lang in Atem hält. Eine Dreiecksliebesgeschichte
als ein Stück über das Töten, traurig, grausam, auswegslos.
Wenn Woyzeck, wahnsinnig vor Eifersucht, zum Messer greift, sind eigentlich
die anderen Schuld, die hechelnde, höhnende, lachende Gesellschaft.
Sie sind immer da, alle sehen bei allem zu, reagieren und kommentieren.
Woyzecks Gegner, das wird in aller Schärfe herausgearbeitet, ist
nicht irgendein Rivale, Woyzecks Gegner ist die Welt.
Hans Hugo Ellerfeld hat ein weißes Zirkuszelt entworfen, läßt
es aber nur am äußeren Rand zipflig aufrecht stehen, seine
Spitze ist flachgelegt, so daß sich eine schräg zur Mitte abfallende
Spielfläche ergibt. Die Bühne als Arena mit Auftrittsmöglichkeiten
durch schlitzartige Öffnungen von innen. Das sieht nicht nur fantastisch
aus, es funktioniert auch noch! Die Akteure erscheinen und verschwinden
mit einem Tempo, als hätten sie riesige Türen zur Verfügung.
Der Szenentechnik des Sturm und Drang kommt das sehr entgegen.
Jegliche Requisiten fehlen, Bühne und Kostüme sind einheitlich
weiß und die Figuren nur mit sparsamen Kennzeichen äußerlich
charakterisiert. Die ästhetische Konsequenz besticht, weil sie um
so rigoroser Woyzecks Weg in den Tod herausschält.
Carla Rhode, Galerie des Theaters, 11. 4. 1999
Das Spiel der Schauspieler ist immer nahe am Kinderspiel, naiv und doch
mit allen Möglichkeiten zur Grausamkeit. Dabei gelten durchaus einige
festgeschriebene Rituale des Theaters: Kasperle-Sequenzen, Pantomime und
die Märchenerzählung markieren den dramaturgischen Rahmen, für
den Schulweisheiten zur Anordnung der Büchner-Szenen nicht gelten.
Die intime Begegnung zwischen Marie (Antje Görner) und dem Tambourmajor
(Wolf Scheidt) ist ein Meisterwerk gestisch-akustischen Theaters.
Christian Schindler, Berliner Morgenpost, 11. 4.
1999
Woyzeck, das ist der Geschundene, die gehetzte Kreatur, die "unterste
Stufe von Mensch". Jetzt nimmt sich das Orphtheater des Stoffes an,
und nichts scheint naheliegender. Ihre Stücke sind das Spiel erdiger
Expressionisten, ihre Figuren sind Körperkämpfer, in ihrer Bewegung
liegen der Sanftmut und das grausige Lachen der Kreatur.
Michael Freundt, Berliner Zeitung, 1. 4. 1999
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