Regie ............................................................ Susanne Truckenbrodt
   
Woyzeck........................................................ Uwe Schmieder
Marie.............................................................. Antje Görner
Margreth/Ausrufer/Käthe............................ Ines Schulze
Großmutter.................................................... Roswitha Kreil
Hauptmann................................................... Dieter Kölsch
Doktor............................................................ Matthias Horn
Tambourmajor............................................. Wolf Scheidt
   
Bühne............................................................ Hans Hugo Ellerfeld
Kostüm.......................................................... Susanne Pliet
Licht............................................................... Henning Streck
Musik............................................................. Jens Daniel Dorsch
Maske............................................................ Kathleen Monden
Dramaturgie................................................. Tom Mustroph
Technische Leitung.................................... Kay Hupka
Regieassistenz............................................ Eva Schmidt
Bühnentechnik............................................. Jan Jaksiewicz
 

Mit der Inszenierung "WOYZECK" von Büchner erfüllt sich das ORPHTHEATER einen lang gehegten Wunsch. Die Tatsache ignorierend, daß Büchners kleine Anzahl von großen Werken wohl zu den meistgespieltesten, meist-besprochensten, über alle Maßen philologisch bearbeiteten und interpretierten Stücken der deutschen Dramatik gehört, hat sich das ORPHTHEATER in der langen Reihe der Büchner-Bearbeitungen eingefunden. Jenseits aller interpretatorischen Raffinessen und Modernisierungsversuche, aller Feilschereien um Szenenauswahl und Abfolge suchten wir die Umsetzung, die sich aus der Kombination der dramatischen Vorlage und unserer eigenen künstlerischen Konstellation, Geschichte und Arbeitsweise ergibt.

Der orphische "Woyzeck" beginnt als ein weißes unschuldiges Kinderspiel, ein Spiel voller ungebändigter Energie. Diese naive jauchzende Tollerei gibt den Energiepegel vor. Schnell weben sich bösartige und gemeine Momente ein. Keine Grenzen sind gesetzt, wie Kinder sie auch nicht kennen. Aus ihnen, die noch "alles Glück der Welt" vor sich haben, werden Woyzeckfiguren, gefangen im dramatischen Beziehungsgeflecht Büchners. Sie spielen das Woyzeckspiel. Einer wird Verlierer sein, ewiger Verlierer: Er zieht den Woyzeck. Für ihn ist es kein Spiel, es ist ein ernster Tod. Woyzeck verliert sein letztes - die Liebe zu Marie - an die blinkenden Knöpfe des Tambour-Majors und seine starken Arme. Woyzeck ist ein Verlierer. Woyzeck korrigiert sein Leben, indem er sich und seine geliebte Marie einfach aus dem Leben streicht.

Woyzecks Leben war ein ordentlich danebengegangener Versuch zu überleben, eine immense Anstrengung, den Fehler seiner Geburt in etwas besseres zu verwandeln. Helfen konnte ihm bis dato keine Religion, kein gesellschaftlicher Utopieversuch.

Woyzeck bleibt Spielball. Einer, der sich selber spielt und von den anderen gespielt wird. Ein Spielball, umherirrend und weitergetrieben. Einer, der den anderen Halt gibt, bis er zerbricht, zerbirst, weggeworfen wird; und - endloses Spiel - wieder neu erfunden... Woyzecken leben auch unter scheinbar humanen Gesellschaftssystemen und wachsen immer wieder nach. Dank gilt Büchner, der es für Wert erachtete, Woyzecks Geschichte aufzuschreiben, und dadurch sich und Woyzeck unsterblich gemacht hat.

 

 

Pressestimmen
Solch einen "Woyzeck" habe ich noch nie gesehen! Die Inszenierung von Susanne Truckenbrodt formt aus der Handlung eine ununterbrochene Bilderfolge, die die Zuschauer eineinhalb Stunden lang in Atem hält. Eine Dreiecksliebesgeschichte als ein Stück über das Töten, traurig, grausam, auswegslos.
Wenn Woyzeck, wahnsinnig vor Eifersucht, zum Messer greift, sind eigentlich die anderen Schuld, die hechelnde, höhnende, lachende Gesellschaft. Sie sind immer da, alle sehen bei allem zu, reagieren und kommentieren.
Woyzecks Gegner, das wird in aller Schärfe herausgearbeitet, ist nicht irgendein Rivale, Woyzecks Gegner ist die Welt.
Hans Hugo Ellerfeld hat ein weißes Zirkuszelt entworfen, läßt es aber nur am äußeren Rand zipflig aufrecht stehen, seine Spitze ist flachgelegt, so daß sich eine schräg zur Mitte abfallende Spielfläche ergibt. Die Bühne als Arena mit Auftrittsmöglichkeiten durch schlitzartige Öffnungen von innen. Das sieht nicht nur fantastisch aus, es funktioniert auch noch! Die Akteure erscheinen und verschwinden mit einem Tempo, als hätten sie riesige Türen zur Verfügung. Der Szenentechnik des Sturm und Drang kommt das sehr entgegen.
Jegliche Requisiten fehlen, Bühne und Kostüme sind einheitlich weiß und die Figuren nur mit sparsamen Kennzeichen äußerlich charakterisiert. Die ästhetische Konsequenz besticht, weil sie um so rigoroser Woyzecks Weg in den Tod herausschält.
Carla Rhode, Galerie des Theaters, 11. 4. 1999

Das Spiel der Schauspieler ist immer nahe am Kinderspiel, naiv und doch mit allen Möglichkeiten zur Grausamkeit. Dabei gelten durchaus einige festgeschriebene Rituale des Theaters: Kasperle-Sequenzen, Pantomime und die Märchenerzählung markieren den dramaturgischen Rahmen, für den Schulweisheiten zur Anordnung der Büchner-Szenen nicht gelten.
Die intime Begegnung zwischen Marie (Antje Görner) und dem Tambourmajor (Wolf Scheidt) ist ein Meisterwerk gestisch-akustischen Theaters.
Christian Schindler, Berliner Morgenpost, 11. 4. 1999

Woyzeck, das ist der Geschundene, die gehetzte Kreatur, die "unterste Stufe von Mensch". Jetzt nimmt sich das Orphtheater des Stoffes an, und nichts scheint naheliegender. Ihre Stücke sind das Spiel erdiger Expressionisten, ihre Figuren sind Körperkämpfer, in ihrer Bewegung liegen der Sanftmut und das grausige Lachen der Kreatur.
Michael Freundt, Berliner Zeitung, 1. 4. 1999